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Kunde setzt neue Trends...

Bionatic

16.01.2017

...Palme statt Plastik. Auch eine logistische Erfolgsgeschichte zwischen Bionatic und reimer logistics.

In Deutschland werden jährlich etwa 2,8 Milliarden Einwegkaffeebecher verbraucht. Ein Bremer Unternehmen will die Ökobilanz des Einmal-Bechers verbessern: mit einer pflanzlichen Alternative.
Die durchschnittliche Lebensdauer eines Einwegkaffeebechers ist eine traurige Angelegenheit. Auf gerade mal 15 Minuten bringt es laut Deutscher Umwelthilfe das handelsübliche Wegwerfmodell aus Karton und Kunststoffbeschichtung. Davon werden in Deutschland jährlich etwa 2,8 Milliarden Stück verbraucht. Trotz verheerender Ökobilanz – Heißgetränke für unterwegs aus Pappbechern sind in Zeiten einer hochflexiblen und zunehmend mobilen Lebensführung ein Dauerbrenner.

Auch als der Unternehmer Robert Czichos 2009 die Firma Bionatic als Anbieter von ökologischen Verpackungen gründete, war die To-go-Kultur schon längst in Mode. Czichos aber, 49 Jahre alt, gebürtiger Bremer und studierter Betriebswirt, wollte neue Wege beschreiten. „Wir bieten eine Alternative an zu den konventionellen Plastikverpackungen, die mit Rohöl hergestellt werden“, sagt der Firmenchef beim Termin in einem verwinkelten Großraumbüro in Bremen-Hemelingen.

Die Natur schafft die besten Verpackungen
Auf dem Besprechungstisch steht ein rechteckiger Keksteller mit holzartiger Maserung. „Ein Einwegteller aus dem Blatt der Nusspalme“, verrät Czichos über das dekorative Ökoprodukt mit Naturoptik, das sich auch auf jedem feineren Sektempfang gut machen würde. Es ist in Indien hergestellt bei einem Partnerunternehmen von Bionatic, in Form gebracht mit einer mechanischen Presse, dann geschliffen und poliert und natürlich biologisch abbaubar. „Einige der besten Verpackungen hat die Natur selbst geschaffen. In den Regionen, in denen die Palme wächst, werden die Blätter schon lange als Verpackung sowie für Teller oder Schalen verwendet“, schwärmt der Unternehmer über die positive Umweltbilanz des Rohstoffs.

Palmblätter machen im Sortiment von Bionatic allerdings nur einen relativ kleinen Anteil aus. Die weitaus meisten Produkte sind aus Holz, Cellulose oder dem Biokunststoff Polymilchsäure (PLA). PLA wird aus Maisstärke hergestellt und zum Beispiel für die Innenbeschichtung der biologisch abbaubaren und recycelbaren Einwegkaffeebecher verwendet. Das Herumwerkeln mit PLA brachte Robert Czichos damals auch auf die Idee, Bionatic zu gründen. Er war als Unternehmensberater darauf gestoßen, als er für einen Kunden aus dem Kunststoff-Recycling-Bereich einer Marktrecherche erstellte. „Kunststoffe aus Pflanzen herzustellen, finde ich auch heute noch hochinteressant“, fügt Czichos an.
Als Ein-Mann-Betrieb gestartet
Als ein Ein-Mann-Betrieb gestartet, hat Bionatic heute 20 Mitarbeiter und verkauft über zwei Web-Shops 250 unterschiedliche Produkte an etwa 1000 Kunden. Das sind Gastro-Betriebe, Hotels, Caterer, Biohöfe, aber auch einige private Abnehmer. Gerade verhandelt Czichos mit einigen Krankenhäusern und Handelsketten. Bionatic betreibt ein reines E-Commerce-Geschäft, das sich über fünf bis sechs Jahre entwickelt hat. „Als vergleichsweise kleiner Anbieter war schnell klar, dass wir keinen Vertrieb über Außendienstler machen können“, erklärt der Firmengründer, der – ganz zurückhaltend hanseatischer Kaufmann – über Umsätze nicht sprechen möchte.

Wer bei der Bio-Branche das Bild des Weltverbesserers im Kopf hat, liegt falsch. Heutzutage herrscht auch hier ein knallhartes vom Preis getriebenes Geschäft. Die Branche wächst zwar stetig, aber die Anteile am Gesamtmarkt sind immer noch gering. Firmengründer Czichos schätzt den Anteil ressourcenschonender Verpackungen an der Gesamtmenge auf etwa fünf Prozent. Zum Vergleich: Bei Bio-Lebensmitteln liege der Anteil bei etwa vier Prozent am Gesamtumsatz.
Immens wichtig ist für ein webbasiertes Unternehmen wie Bionatic die reibungslos laufende Logistikkette. Die Anlieferung der Ware per Container sowie Lagerung, Kommissionierung und Vertrieb übernimmt die Spedition reimer logistics in der Überseestadt. Zu ihr ist Bionatic vor einigen Jahren durch eine Empfehlung gekommen.

Kartons bis zur Hallendecke
Auf einigen tausend Plätzen in den Hochregalen stapeln sich bei Reimer in den langen Gängen die Kartons bis zur Hallendecke. Eine ungeahnte Verpackungsvielfalt: Teller und Schalen aus schnell nachwachsendem Zuckerrohr, Einweg-Eisbecher aus Biokunststoff, runde Snackboxen aus Karton für Asia-Food, biobasiertes Plastikbesteck, Einschlagpapier und Tragetaschen. Und natürlich Kaffeebecher aller Art, zu langen Schläuchen ineinandergesteckt. „Im Vergleich zur erdölbasierten Kunststoffbeschichtung verbraucht Biokunststoff schon in der Produktion fast 50 Prozent weniger Energie und hat einen deutlich geringeren CO2-Ausstoß“, erklärt Robert Czichos zur umweltschonenden Herstellung.
Auch Mehrweg-Kaffeebecher aus Bambus hat das Unternehmen inzwischen im Programm. Czichos weiß, dass beim Anbau von Energiepflanzen wie Bambus oder Mais auch Umweltbelastungen auftreten. Die gerade in Bremen diskutierte verpflichtende Pfand- und Mehrweg-Variante bei Kaffeebechern unterstützt er auch, aber eben nur bedingt. „Eine gute Idee, aber nicht richtig zu Ende gedacht“, zweifelt Czichos vor allem an der praktischen Umsetzung. Ein hoher Durchlauf an Kunden, zum Beispiel am Bahnhof, Platzprobleme in kleinen Kiosken oder ein zu hoher Einkaufspreis für die Becher würden eine einheitliche Lösung erschweren.

Verkaufsschlager bei Bionatic sind nicht etwa die viel gescholtenen Kaffeebecher, sondern Papierservietten und schicke Food-Boxen für die Mahlzeit unterwegs. Auch im To-go-Bereich werden inzwischen immer mehr hochwertige Speisen angeboten. „Und in einer dekorativen Verpackung sehen ein frischer Wildkräuter-Salat oder der Veggie-Burger natürlich ansprechender aus“, meint Czichos. Die Verpackung transportiere heute die Idee des Produktes, sie ist ein Marketing-Instrument und Teil der Wertigkeit und nicht mehr nur notwendiges Übel.

Quelle: Weser Kurier (Kurier am Sonntag) - York Schaefer 15.01.2017

Alle Teller im Lager: Bionatics-Geschäftsführer Robert Czichos (rechts) und Simon Reimer, Chef von reimer logistics. (Foto: Christina Kuhaupt)

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